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Pläne ändern sich. Träume bleiben.

Wir sind inzwischen 2,5 Jahre unterwegs und leben auf unserem Boot. Die Zeit kommt uns viel kürzer vor. Erst beim Blättern durch unsere Erinnerungen wird sichtbar, wieviel Zeit vergangen ist und was wir alles erlebt und gesehen haben. Angst und Heimweh hatten wir nie. Allein oder einsam fühlen wir uns bis heute nicht. Gefährliche Situationen? Mit wachem Blick auf Wetter- und Windprognosen ließen sie sich auf See gut vermeiden, und auch an Land gab es nichts, woran wir uns erinnern.

Langfristige Pläne machen wir inzwischen keine mehr. Höchstens für die nächsten Monate. Alles andere ändert sich ohnehin. Wir haben die Ruhe gefunden, das zu akzeptieren, und genau diese Änderungen machen das Reisen und das Leben spannend: Wenn plötzlich ein Weg oder Abzweig auftaucht, der bis dahin verborgen war – und wir dann neugierig abbiegen, um zu sehen, wohin er führt...



Große Wäsche – in der Segellehrer-Edition
Große Wäsche – in der Segellehrer-Edition

Das Leben an Bord ist ein Stück weit auch Normalität geworden. Einkaufen, Wäsche waschen, arbeiten, ständiges Hin- und Herräumen, sparsamer Umgang mit Ressourcen. Dazu kommen Fragen, die nur Segler kennen: "Wo und wann tanken wir neues Frischwasser?" – "Wie lang reicht das Gas noch und haben wir Ersatz an Bord?"– "Haben wir noch Münzen für die Waschmaschine?" – "Wann kommen die Ersatzteile und wie bauen wir sie ein?".

Fliegen wir nach Deutschland, schließen wir nicht einfach die Wohnungstür hinter uns, sondern suchen einen sicheren Platz, wo unser schwimmendes Zuhause vor Wind und Wetter sicher ist, bis wir wieder zurückkommen. Viel zu oft haben wir schon durch Unwetter gestrandete und zerstörte Boote gesehen...


Von außen betrachtet mag unser Leben wie ein endloser Urlaub wirken. Aber Urlaub bedeutet, Abstand vom Alltag zu nehmen. Erholung und Freiheit zu genießen. Urlaub ist die bewusste Unterbrechung der Routine. Urlaub ist die Zeit, Neues zu entdecken und Zeit miteinander zu verbringen. Urlaub ist der Zustand in dem die Seele leichter wird. Ohne Verpflichtungen. Und ja – genau das spüren wir, wenn wir übers Meer segeln und uns einfach mal treiben lassen. (Also uns. Nicht das Boot.) Manchmal ist es aber auch einfach das Glas Wein im Sonnenuntergang oder mit Freunden am Strand sitzen.

Aber dieses Leben bringt auch seine Herausforderungen, und gerade deshalb schätzen wir es so sehr. Es war unsere bewusste Entscheidung für dieses Leben und wir würden es immer wieder tun.


Mein Homeoffice
Mein Homeoffice

Unsere "Sommerpause" hier auf Mallorca ist kein Urlaub. Es ist eine Arbeitspause – notwendig, um unseren Traum weiter zu finanzieren und zu leben. Morgens fahre ich Boris im Schlauchboot an den Strand der Segelschule. Da ich schon mal an Land bin, kombiniere ich das gleich mit Müllentsorgung und dem täglichen Einkauf – meist Eiswürfel und frische Dinge. In Rauschefahrt gehts dann mit dem Dinghi zum Boot zurück. Die Eiswürfel finden schnell ihren Weg in den Kühlschrank und ich springe nochmal fix ins Wasser bevor ich den Rechner hochfahre. Mittlerweile merke ich das Schaukeln kaum noch. Nur wenn ich nebenbei die Tasse auf dem Tisch festhalten muss, weil ein Motorbootfahrer eine fette Welle produziert hat, schimpfe ich schon mal lauthals vor mich hin. Es hört ja niemand.



Boris' Beach "Office"
Boris' Beach "Office"

Die letzten Wochen war es extrem heiß auf Mallorca. Unter Deck kletterte das Thermometer über 30°C und blieb bis spät in die Nacht auch dort. Unsere Ventilatoren waren und sind überlebenswichtig – trotzdem habe ich gemerkt, dass ab 32°C Denkprozesse deutlich langsamer ablaufen. Zwischen Videokonferenz und E-Mails blieb da oft nur der Sprung ins Wasser, um den Geist auf Betriebstemperatur zu halten und die Systeme nicht zu überhitzen. Kalte Duschen gibt es eher selten, da sie den Frischwasservorrat schmälern.

Doch auch Boris hat es nicht leichter. Sein Job an der Segelschule bedeutet Sonne pur – den ganzen Tag. Wenn diese dann abends hinter den Bergen versinkt, gönnen wir uns manchmal noch einen Spaziergang oder einen eiskaltes Radler als Abschluss, bevor wir mit dem Schlauchi zurück zur Seeschwalbe tuckern.


Gerade weil unsere Tage hier so arbeitsreich sind, bleibt der Blick auf das große Ganze wichtig. Denn auch wenn wir keine (langfristigen) Pläne mehr machen, haben wir noch Träume: Ferne Länder, Kulturen, Kontinente segelnd zu erreichen. Pläne ändern sich, Träume bleiben. Und weil das so ist, sind wir auch nach 2,5 Jahren noch im Mittelmeer und nicht in der Karibik. Es gibt auch hier noch viel Unentdecktes für uns. Doch manchmal überkommt mich das Fernweh, ich fühle mich gefangen und scharre mit den Hufen. Dann hadere ich mit der Diskrepanz zwischen Plan und Traum. Doch zum Glück haben wir einander – und Freunde gefunden, die solche Momente leichter machen.


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Wie der Rest des Jahres aussehen wird? Ganz genau, wissen wir es selbst nicht. Aber wir freuen uns darauf, dass bald die Temperaturen etwas sinken und wieder mehr Ruhe auf dem Wasser und an Land einkehrt. Darauf, wieder mehr Zeit in der Natur zu verbringen, durchzuatmen und gemeinsam Richtung Horizont zu schauen.

Im Herbst werden wir die Seeschwalbe auch mal aufs Trockene stellen, um nach Deutschland zu fliegen – Familie und Freunde besuchen, ein paar notwendig bürokratische Dinge erledigen und gleichzeitig Instandhaltungsarbeiten am Boot vornehmen. Im Moment suchen wir nach einer Lösung, die sowohl bezahlbar ist als auch genug Zeit in Deutschland ermöglicht.


Und danach? Das wird sich zeigen. Wir wissen, dass sich Pläne ändern. Aber unsere Träume – die bleiben.

 
 
 

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